ITIL-Leitgedanken
ITIL® beschreibt mehrere Prozesse, die in fünf Service-Lifecycle-Phasen angeordnet sind. Ein Beispiel wäre der Incident-Management-Prozess in der Service-Betriebs-Phase.
Damit kann leicht der Eindruck entstehen, dass man ITIL "einführen" kann, indem ein ITIL-Prozess nach dem anderen "implementiert" wird, wie in den Büchern beschrieben.
Die ITIL-Prozesse dürfen jedoch nicht isoliert gesehen werden.
Hinter den ITIL-Prozessen steckt die Absicht, bestimmte Leitgedanken oder Prinzipien zur Anwendung zu bringen, und in vielen Fällen wirken eine Reihe von ITIL-Prozesse zusammen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen.
Zudem ist ITIL kein Standard, sondern eine Sammlung von Empfehlungen.
Organisationen, die den ITIL-Ansatz übernehmen wollen, müssen daher die ITIL-Empfehlungen an ihre jeweilige Situation und Bedürfnisse anpassen. In keiner Weise geht es darum, die ITIL-Prozesse buchstabengetreu umzusetzen.
Der Schlüssel zum erfolgreichen Einsatz von ITIL ist ein gutes Verständnis der Ideen, Konzepte und Prinzipien hinter der IT Infrastructure Library. Erst wenn sie diese Konzepte verstehen, sind Service-Provider in der Lage, diejenigen ITIL-Prozesse und ‑Empfehlungen auszuwählen, die zu ihrer speziellen Situation passen.
Es gibt keine allgemein gültige Liste der ITIL-Prinzipien, so dass die folgende Liste als eine Zusammenfassung einiger wichtiger Ideen hinter ITIL verstanden werden sollte.
Strategisches Denken
Strategisches Denken hilft Dienstleistern, längerfristig im Geschäft zu bleiben.
Ab und zu sollten Unternehmen sich Zeit nehmen und über ihre aktuelle Situation und zukünftige Entwicklungen nachdenken. Auf der Grundlage dieser Einschätzung sollten sie eine Strategie oder "Roadmap" definieren, beispielsweise für die Entwicklung neuer Kompetenzen und Dienstleistungsangebote.
- Strategisches Denken in ITIL wird weitgehend durch den Strategie-Management-Prozess abgedeckt.
- Aber auch andere Prozesse tragen dazu bei: Zum Beispiel stellt der Business-Relationship-Management-Prozess sicher, dass Dienstleister über die Bedürfnisse der Kunden Bescheid wissen - ein wichtiger Input für die Entwicklung der Service-Strategie.
Fokus auf den Kunden
Beim Kundenfokus geht es darum, Kunden zufrieden zu stellen und passgenaue Dienstleistungen für bestimmte Kundengruppen anzubieten.
Zu diesem Zweck sollten Dienstleister die Bedürfnisse Ihrer Kunden verstehen, eine Servicepalette entsprechend diesen Bedürfnissen entwickeln und Feedback von ihren Kunden sammeln.
ITIL-Prozesse, die zur Kundenorientierung beitragen, sind zum Beispiel
- Business Relationship Management und
- Service Review,
- aber auch das Incident Management, in dem wir die Kunden nach der Behebung einer Störung um Feedback bitten.
Service-Definitionen
Ein zentrales Thema in ITIL ist die Einhaltung von Zusagen bei der Erbringung von Services, und dies ist nicht möglich, wenn die Dienstleistungen nicht richtig definiert sind.
Daher sind Service-Definitionen ein sehr wichtiges Konzept in ITIL, und ITIL kennt unterschiedliche Dokumente zur Definition der Service-Eigenschaften, wie z.B.
- Service Level Agreements (SLAs),
- Operational Level Agreements (OLAs) und
- Underpinning Contracts (UCs).
Es gibt eine Reihe von Prozessen in ITIL, in denen wir die Service-Eigenschaften definieren:
- Das Service Level Management hat die Gesamtverantwortung für die Erstellung von Service Level Agreements,
- während sich andere Prozesse wie Availability und Capacity Management um die Definition bestimmter Aspekte der Services kümmern.
Alle Services mit ihren Eigenschaften sind im Service Portfolio aufgelistet.
Exzellenter Kunden-Support
ITIL legt großen Wert auf die Schaffung einer guten Kundenerfahrung, die auf einem konsequenten und professionellen Umgang mit Störungen ("Incidents") und Serviceaufträgen ("Service Requests") basiert.
Gute Kundensupport bedeutet offensichtlich, Vorfälle schnell zu beheben und die Kunden auf dem Laufenden zu halten. Weiterhin geht es aber auch darum, Probleme frühzeitig zu erkennen und zu korrigieren, bevor eine große Anzahl von Nutzern betroffen ist.
Entsprechend sind Incident Management und Request Fulfilment wesentliche ITIL-Prozesse für die Schaffung der perfekten Kundenerfahrung.
Darüber hinaus versuchen die Event- und Problem-Management-Prozesse, die Anzahl der Incidents niedrig zu halten:
- Das Event Management sorgt dafür, dass Unregelmäßigkeiten erkannt werden, bevor es zu Störungen kommt,
- während das Problem Management die zugrundeliegenden Ursachen häufig wiederkehrender Incidents löst.
Kontinuierliche Verbesserung
Der Zweck von Continual Service Improvement (CSI) ist es, gefährlichen Stillstand zu vermeiden.
Die Welt um uns herum verändert sich ständig, und wir müssen uns regelmäßig fragen, ob wir gute Arbeit leisten, oder ob es etwas gibt, das man anders oder besser machen könnte.
Kontinuierliche Verbesserung hat eine lange Geschichte und wird oft mit einer etablierten Management-Methode zur kontinuierlichen Verbesserung in Zusammenhang gebracht, die als "Deming-Zyklus" mit vier Schritten bekannt ist: Plan, Do, Check und Act.
Kontinuierliche Service-Verbesserung ist die letzte der fünf ITIL-Service-Lifecycle-Phasen, und hier finden die meisten Verbesserungsaktivitäten statt. Aber viele andere ITIL-Prozesse liefern unverzichtbare Inputs für die Service-Verbesserung. Zum Beispiel gibt es im Service Level Management einige Aktivitäten zur Erstellung von Service Level Reports, die Statistiken über vereinbarte und tatsächlich erreichte Service Levels enthalten.
IT Service Management als Schnittstelle zwischen IT und den Geschäftsbereichen
Traditionelle Ausrichtung der IT-Organisation
Traditionell sind die Beziehungen zwischen der IT-Organisation und den Geschäftsbereichen im Gesamtunternehmen so gestaltet, dass die beiden großen Untereinheiten der IT – die Anwendungsentwicklung und der Betrieb - über jeweils eigene Kanäle mit der Kundenseite kommunizieren: Vereinbarungen über neue oder zu ändernde Anwendungen werden zwischen Kunden und Applikationsentwicklung getroffen und Betriebsfragen im Anschluss daran mit dem Betrieb geklärt.
Dieses Vorgehen birgt zwei entscheidende Risiken:
- Anforderungen, die den späteren problemlosen Betrieb einer Anwendung gewährleisten, werden bei der Entwicklung nur unzureichend berücksichtigt
- neue oder geänderte Anwendungen werden teils unkoordiniert ausgerollt, ohne dass der IT-Betrieb vorab eventuelle Seiteneffekte klären konnte
Ausrichtung der IT-Organisation nach ITIL
Die auf ITIL basierende Umsetzungsmethodik löst dieses Problem, indem den beiden IT-Bereichen Application Management und ICT Infrastructure Management das IT Service Management nachgelagert wird. Damit vermittelt das IT Service Management zwischen Entwicklung und Betrieb seitens der IT-Organisation und dem Kunden auf der Geschäftsseite.
Die Aktivitäten in Anwendungsentwicklung und Betrieb werden dadurch koordiniert und alle Kontakte mit dem Kunden von einer einzigen zentralen Stelle wahrgenommen.
Von: Stefan Kempter und Andrea Kempter , IT Process Maps.
Strategisches Denken › Fokus auf den Kunden › Service-Definitionen › Exzellenter Kunden-Support › Kontinuierliche Verbesserung