ITIL-Implementierung - System- und Prozess-Implementierung

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Version vom 2. November 2007, 15:38 Uhr von Andrea (Diskussion | Beiträge)
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Schritt 9: Systeme und Prozesse implementieren

Sind die einzuführenden Prozesse komplett ausgestaltet und in Form von ereignisgesteuerten Prozessketten dokumentiert, kann mit deren eigentlicher Implementierung begonnen werden.

Falls zur Umsetzung der Prozesse spezielle Anwendungssysteme vorgesehen sind, so müssen diese zunächst beschafft bzw. entwickelt und aufgebaut werden. Danach erfolgt die Einweisung der Mitarbeiter und die Information der Kunden - soweit diese von den neuen Prozessen betroffen sind.


Systemanforderungen definieren

Ziel des Projektschritts

  • Definition der Anforderungen für zu beschaffende bzw. zu überarbeitende Anwendungssysteme

Voraussetzungen

  • Detaillierte Prozessabläufe in Form von ereignisgesteuerten Prozessketten (EPKs)
  • Prozessrelevante Richtlinien und Vorgaben für Prozess-Outputs

Ergebnisse

  • Anforderungsdokument für die zu beschaffenden bzw. zu überarbeitenden Anwendungssysteme
  • Priorisierte Liste der Anforderungen

Beschreibung

Die funktionalen Anforderungen an die Anwendungssysteme ergeben sich im Wesentlichen aus den detaillierten Prozessbeschreibungen – diese stellen dar, welche Arbeitsschritte das System unterstützen soll. Weitergehende Anforderungen sind zu ergänzen (Beispiel: „Die Neuanlage eines Incidents soll aus dem Outlook-Adressbuch heraus möglich sein“).

Die Definitionen der Prozess-Outputs beschreiben, welche Daten im System bearbeitet werden. Der Prozess „Incident registrieren“ erzeugt beispielsweise einen „Incident Record“ – das System muss also in der Lage sein, eine solche Datenstruktur abzubilden.

Schließlich sind auch nicht-funktionale Anforderungen aufzunehmen, so dass sich insgesamt etwa die folgende Struktur des Anforderungsdokuments ergibt:

  • Funktionale Anforderungen
    • Verweis auf die detaillierten Prozessmodelle
    • Zusätzliche Anforderungen an die Funktionalität
    • Definitionen der Prozess-Outputs (Datenstruktur)
    • Auswertungsmöglichkeiten
  • Nicht-funktionale Anforderungen
    • Anforderungen an die Leistungsfähigkeit, Mengengerüste
    • Performanz und Durchsatz
    • Skalierbarkeit/ Erweiterung
    • Verfügbarkeit
  • Anforderungen aus betrieblicher Sicht
  • Anforderungen aus Sicht der IT-Sicherheit
  • Schnittstellen zu anderen Systemen
  • Anhang
    • Prozessmodelle
    • Zu übernehmende Daten aus bereits bestehenden Systemen

Zum Abschluss wird aus dem Anforderungsdokument eine priorisierte Liste mit Einzelpunkten extrahiert, die als Matrix zur Anbieter-Bewertung verwendet wird. Die Anforderungen werden dabei zum Beispiel unterteilt in

    • K.o.-Kriterien (Prio 1)
    • wichtige Anforderungen (Prio 2)
    • wünschenswerte Anforderungen (Prio 3)

Erfolgsfaktoren

Bei der Formulierung der Systemanforderungen ist darauf zu achten, dass nicht nur funktionale Aspekte, sondern auch Gesichtspunkte des Systembetriebs und die Möglichkeit einer späteren System­erweiterung ins Auge gefasst werden – insbesondere dann, wenn später die Einführung weiterer ITIL-Prozesse folgen soll.


Systemauswahl zur Unterstützung der Soll-Prozesse durchführen

Ziel des Projektschritts

  • Auswahl eines Anbieters für das neu zu beschaffende Anwendungssystem

Voraussetzungen

  • Anforderungsdokument für die zu beschaffenden bzw. zu überarbeitenden Anwendungssysteme
  • Priorisierte Liste der Anforderungen

Ergebnisse

  • Anbieter- bzw. Systembewertung

Beschreibung

Auf der Basis der Anforderungsliste können Anbieter von entsprechenden Systemen einer systematischen Bewertung unterzogen werden.

In der Praxis hat sich dabei ein dreistufiges Vorgehen bewährt:

  • Zunächst kann eine größere Zahl von Anbietern mit der Bitte angeschrieben werden, die Erfüllbarkeit der Punkte aus der Anforderungsliste zu prüfen
  • mit den Ergebnissen dieser Umfrage wird eine kürzere Liste („Shortlist“) von Anbietern erstellt, die zu einer konkreten Angebotsabgabe aufgefordert werden, die auch Preisinformationen enthält
  • die letzte Entscheidung fällt nach einem Besuch bei Referenzkunden und evtl. einer Probeinstallation des führenden Anbieters

Erfolgsfaktoren

Die Anzahl der in den Auswahl-Prozess einbezogenen Hersteller sollte nicht zu groß sein – eine ausgezeichnete Hilfestellung bei der Vorauswahl bieten zum Beispiel die Vergleichsstudien der Firmen Gartner (im Internet unter www.gartner.com) oder Forrester (www.forrester.com)


Systeme implementieren

Ziel des Projektschritts

  • Bereitstellung der neuen/ geänderten Anwendungssysteme zur Unterstützung der neu einzuführenden Prozesse

Voraussetzungen

  • Ausgewählter Systemanbieter
  • Detaillierte Prozessabläufe in Form von ereignisgesteuerten Prozessketten (EPKs)
  • Prozessrelevante Richtlinien und Ergebnistypen

Ergebnisse

  • Implementiertes Anwendungs­system

Beschreibung

Welche einzelnen Schritte im Rahmen der Implementierung zu erledigen sind, ist wesentlich von der Art und dem Umfang des ausgewählten Anwendungssystems abhängig. In der Regel verfügen die Systemanbieter über entsprechende Erfahrung, um bei Bedarf die Implementierungsphase zu steuern.


Neue Prozessabläufe implementieren

Nachdem alle Voraussetzungen geschaffen wurden, können die neuen Prozesse zur Anwendung kommen.

Die Prozessbeteiligten waren im Verlauf des Projekts stets in die Gestaltung der Abläufe eingebunden, so dass deren Akzeptanz sichergestellt ist. Insofern ist die hier zu nehmende Hürde nicht mehr sehr groß.

Ziel des Projektschritts

  • Umsetzung der neuen Prozessabläufe in die Praxis

Voraussetzungen

  • Dokumentation der Schnittstellen der einzuführenden Prozesse
  • Dokumentation der Kennzahlen (KPIs), zugeordnet zu den einzuführenden Prozessen
  • Detaillierte Prozessabläufe in Form von ereignisgesteuerten Prozessketten (EPKs)
  • Prozessrelevante Richtlinien (Vorgaben und Checklisten)
  • Prozessrelevante Ergebnistypen (Definition der Prozessoutputs)
  • Implementiertes Anwendungs­system

Ergebnisse

  • Nach ITIL-Empfehlungen ausgeführte Prozesse

Beschreibung

Eine Schulung der in den neuen Prozessen mitwirkenden Mitarbeiter ist nur dann erforderlich, wenn nicht alle Betroffenen an der Gestaltung der Prozesse beteiligt waren.

Weitere Erläuterungen zum Thema Schulungen sind im Kapitel „Schulungen durchführen“ im Anschluss zu finden.

Erfolgsfaktoren

  • Werden die wichtigsten Prozessbeteiligten erst an dieser Stelle über die neuen Prozesse informiert, ist mangelnde Akzeptanz vorprogrammiert:
  • Daher sollten möglichst viele Mitarbeiter schon während der früheren Projektphasen an der Gestaltung der Prozesse beteiligt werden

Nachfolgender Projektschritt

Schritt 10: Schulungen für IT-Mitarbeiter und Kunden